Die Lage des Landes von Richard Ford

In dem neuen Roman »Die Lage des Lan­des« von Richard Ford gibt es ein Wieder­se­hen mit Frank Bas­combe, der Haupt­per­son aus »Sportre­porter« (1986) und »Unab­hängigkeit­stag« (1995). Aber es macht gar nichts, wenn der Leser mit diesem Buch Frank Bas­combe erst ken­nen­lernt. Der Roman ist in sich abgeschlossen, wie die anderen Bas­combe-Romane zuvor.
»Die Lage des Lan­des« war jeden­falls mein erstes Richard-Ford-Buch über­haupt, und ich bin begeis­tert – ger­adezu über­schwänglich. Ich habe mir nach der Lek­türe vorgenom­men, Frank Bas­combe rück­wärts ken­nen­zuler­nen, was ohne weit­eres geht. Die »Lage des Lan­des« klingt nach einem Rat­ge­ber für Immo­bilien­mak­ler, und tat­säch­lich verkauft Frank Bas­combe Häuser an der Atlantikküste von New Jer­sey. Aber hin­ter dem Titel steckt viel mehr. Die Geschichte spielt an weni­gen Tagen vor Thanks­giv­ing (4. Don­ner­stag im Novem­ber) und schließlich am wohl amerikanis­chsten aller Feiertage. Es geht um Thanks­giv­ing im Jahre 2000, die Zeit um das größte Wahlde­bakel in der Geschichte der USA. George Bush junior wird wenige Wochen später zum Präsi­den­ten gekürt wer­den, der allein dem Wahlbe­trug und der Wahlma­nip­u­la­tion seine Macht zu ver­danken hat und einem schwachen Gegenkan­di­dat­en (Al Gore), der frühzeit­ig die Flinte ins Korn warf.
Das ist also die Lage des Lan­des in diesem Buch. Neben dem Aspekt der Immo­bilien und dem der Poli­tik, geht es auch um die Lage der Ehe und der Fam­i­lie in den mod­er­nen Vere­inigten Staat­en von Ameri­ka. Bezüglich dieser Lage des Lan­des zwingt sich eine Erin­nerung an Jonathan Franzens Kor­rek­turen auf. Obwohl mich dieses Buch sein­erzeit eben­falls begeis­tert hat, zeigt Richard Ford wie es noch bess­er, abgek­lärter und aus­ge­feil­ter geht.
Richard Ford ist ein Meis­ter der Miniatur. Ein Blick Frank Bas­combes aus dem Fen­ster seines dick­en amerikanis­chen Schlit­tens reicht, um viele Seit­en zu füllen mit geistre­ichen Gedanken, leben­sna­hen Empfind­un­gen, Äng­sten vor Krankheit und Tod, Reflex­io­nen über Ehe und Fam­i­lie und reich­lich Rückbesin­nung auf die Ver­gan­gen­heit. Wie es sich für einen Mit­tfün­fziger gehört, und diesen Mit­tfün­fziger gibt der Mittsechziger Ford genial. Zwis­chen­durch gibt es immer mal wieder Sticheleien in Rich­tung George Bush, die dem Leser gut tun, sofern er das Ende der Amt­szeit dieses Präsi­den­ten her­beisehnt.
Das Ganze ist bei weit­em keine trock­ene und düstere Angele­gen­heit. Richard Ford ist ein Meis­ter im Worte-Erfind­en, von denen der Leser kaum merkt, dass es sie nicht gibt, und er ist ein Meis­ter des Humors. Mehr als ein­mal habe ich geschmun­zelt, und wenn Richard Ford das abge­drehte Nach­bar-Ehep­aar von Frank Bas­combe beschreibt, ist lautes Lachen kaum zu ver­mei­den.
Faz­it: Richard Ford (und damit Frank Bas­combe) ist ein Amerikan­er, wie er im Buche(!) ste­ht, aber der deutsche Leser möge nicht glauben, hier gin­ge es nur um Ameri­ka.
Wolf-Peter Wein­ert

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