Der Maler und das Mädchen von Margriet de Moor

Das Mäd­chen Elsje Chris­ti­aens verkör­pert in diesem Roman den Inbe­griff des blühen­den Lebens und des Auf­bruchs in eine vielver­sprechende Zukun­ft, der nach der ger­ade über­stande­nen Pest­welle im Hol­land des 17. Jahrhun­derts so drin­gend nötig ist. Ger­ade achtzehn­jährig macht sie sich voller Zuver­sicht und völ­lig naiv aus ihrem kleinen, abgele­ge­nen Dorf auf in die große Stadt Ams­ter­dam, wo sie ihre Schwest­er tre­f­fen und eine erste Anstel­lung find­en will. Die Reise gestal­tet sich schwierig, wird mehrfach verzögert, aber immer wieder trifft Elsje auf fre­undliche Men­schen, die ihr weit­er­helfen. Dass sie ihr neben­bei auch das Geld aus der Tasche ziehen, fällt ihr dabei gar nicht so auf.

Während­dessen ist der Maler ganz in seine Kun­st ver­tieft und küm­mert sich über­haupt nicht mehr um das Tages­geschehen. So bekommt er auch gar nichts von dem Auf­se­hen, das ein schreck­lich­es Ver­brechen und die seit Jahrzehn­ten erste Hin­rich­tung ein­er Frau in Ams­ter­dam verur­sachen. Er ver­sucht nur immer den Pest­tod sein­er geliebten Frau, den Ver­lust sein­er Besitztümer und reich­lich andere Schreck­en seines Lebens zu ver­drän­gen. Vergessen kann er zwar nicht, aber in seinem Schmerz malt er den lebendi­gen Augen­blick so ein­dringlich, dass er den Tod über­dauern kann.

Schließlich verewigt er auch Elsje Chri­ti­aens, die wegen ihrer Sor­glosigkeit in ein­er Ver­ket­tung unglück­lich­er Umstände wie von einem ziel­stre­bi­gen Schick­sal geführt direkt aufs Schafott und an den Schandp­fahl gelangt.

Der Maler und das Mäd­chen ist ein gle­icher­maßen fes­sel­nder wie düster­er Roman, der der Vergänglichkeit des Lebens die Beständigkeit der Kun­st als tröstliche Per­spek­tive gegenüber­stellt. Aber selb­st der Maler fragt sich an ein­er Stelle, ob es wohl möglich sei “den Tod nach dem Leben zu malen”. Er ver­sucht es. Sach­lich beobach­t­end, von bere­its ver­we­senden Gehenk­ten umringt hält er die gierig über ihnen kreisenden Vögel noch einen Nach­mit­tag lang von dem toten Mäd­chen fern und ret­tet so ihren Anblick über die Jahrhun­derte.

Ein schwieriges aber trotz allem nicht hoff­nungslos­es Buch von Mar­gri­et de Moor ein­ma­lig gut geschrieben – ger­adezu wie gemalt.

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