Der Sommer ohne Männer von Siri Hustvedt

Nein, dies ist kein­er der üblichen, schmalzig-seicht­en Frauen­ro­mane, auch wenn er zu Anfang wirk­lich alle Klis­chees zu bedi­enen scheint: Die Ich-Erzäh­lerin Mia Fredrick­sen wird nach 30 Jahren Ehe von ihrem Mann für eine “Pause” – einen anderen Namen gewährt sie der wesentlich jün­geren, voll­busi­gen Lab­o­ras­sis­tentin nicht – ver­lassen, erlei­det prompt einen Ner­ven­zusam­men­bruch und lan­det vorüberge­hend in der Psy­chi­a­trie. Nach der Ent­las­sung stellt sie allerd­ings fest, dass ihr Ehe­mann unbeein­druckt fern bleibt und das Leben wohl trotz­dem weit­erge­ht. Sie flüchtet vor sein­er Abwe­sen­heit aus der gemein­samen Brook­lyn­er Woh­nung in ein Prov­inznest, um den Som­mer mit ihrer Mut­ter zu ver­brin­gen. Lang­weilig? Keineswegs, denn hier kommt Siri Hustvedt so richtig in Fahrt, erzählt lock­er und erfrischend Mias Begeg­nun­gen mit den ver­schieden­sten Frauen von ihrer fast neun­zigjähri­gen Mut­ter und deren höchst inter­es­san­ten Alter­sheim­fre­undin­nen über die jung ver­heiratete Nach­barin mit ihrer vier­jähri­gen Tochter bis zu ein­er pubertieren­den Mäd­chen­gruppe, der sie einen Schreibkurs erteilt. Män­ner kom­men nur am Rande als Säuglinge, Erin­nerun­gen oder virtuelle Begeg­nun­gen vor, obwohl sie natür­lich erhe­blichen Ein­fluss auf das Denken und Han­deln der Frauen ausüben. Mit reich­lich Selb­stironie beobachtet und analysiert Mia die Art und Weise, wie Frauen aller Alters­grup­pen ihren Platz im Leben suchen, find­en und behaupten. Dabei heilt ganz allmäh­lich ihr eigen­er See­len­schmerz. Ihrem Mann bleibt das selb­st in dem spär­lichen, verbliebe­nen E‑Mail-Aus­tausch nicht ver­bor­gen und er scheint dur­chaus beun­ruhigt… Siri Hustvedt spricht in diesem Roman viele schwierige The­men ern­sthaft, aber gle­ichzeit­ig mit unglaublich­er Leichtigkeit an. Sie gliedert ihren Text in zahlre­iche, oft sehr kurze Abschnitte, so dass sich the­o­retisch immer Gele­gen­heit­en find­en, das Buch mal eben zur Seite zu leg­en. Prak­tisch erweist es sich dazu allerd­ings als viel zu gut und fes­sel­nd.

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