Torso von Wolfram Fleischhauer

Lassen Sie sich nicht von dem furcht­baren Titel, Cov­er und dem total miss­glück­ten Text auf dem Buchrück­en von diesem Buch abschreck­en! Mein­er Ansicht nach ist dies ein­er der besten Krim­is der let­zten Jahre: Er will wirk­lich etwas ver­mit­teln, hat eine sehr span­nende Sto­ry und ist über­haupt nicht blutrün­stig oder eke­lig, auch wenn das Buch­cov­er ganz offen­sichtlich genau dies ver­mit­teln will.
Der Berlin­er Kom­mis­sar Mar­tin Zol­langer wird zu einem grausi­gen Fund gerufen — ein Frauen­tor­so mit einem Ziegenkopf, drum herum drapiert ein glänzen­der Stoff. Dass dies kein gewöhn­lich­er Mord ist, ist auf den ersten Blick klar. Im Gegen­teil, man ist sich nicht ein­mal sich­er, dass es sich über­haupt um einen Mord­fall han­delt, und nicht um “nur” um Leichen­schän­dung. Aber was soll das Ganze? Zol­langers junge Kol­le­gin tippt auf eine abar­tige Form von Kun­st, was zwar so nicht stimmt, Zol­langer selb­st jedoch bald auf die richtige Spur bringt. Allerd­ings hat auch ein Kom­mis­sar so seine pri­vat­en Prob­leme und Geheimnisse, und so kann er diese Erken­nt­nis ein­fach nicht mit seinen Kol­le­gen teilen.
Par­al­lel zu diesem Haupterzählstrang ver­sucht die junge Elin Hilger, den rät­sel­haften “Selb­st­mord” ihres Brud­ers aufzuk­lären und zu ver­ste­hen, weshalb die Polizei nicht weit­er ermit­telt hat. Elin ist eine inter­es­sante, sehr beson­dere junge Frauen­fig­ur: sie arbeit­et als Street­work­erin, lehnt viele Dinge unser­er mod­er­nen Gesellschaft ab, wie z.B. den ungezügel­ten Kon­sum (nach Möglichkeit ver­mei­det sie es ganz, Geld auch nur in die Hand zu nehmen), das Aut­o­fahren, das Essen von Fleisch usw. Die junge Frau, die extra (mit dem Fahrrad) aus Ham­burg kam, besucht nun nach und nach alte Fre­unde ihres toten Brud­ers und ver­sucht, gewisse Com­put­er-Dateien zu entschlüs­seln, die ihr Brud­er bei ihr deponiert hat­te. Als ihr dies schließlich auch gelingt, gerät sie allerd­ings ins Fadenkreuz von mächti­gen Geg­n­ern, die vor nicht zurückschreck­en, um ihre eige­nen Inter­essen durchzuset­zen. Da der let­zte Ermit­tler, welch­er sich mit den Akten ihres Brud­ers beschäftigt hat, Mar­tin Zol­langer war, gibt es bald eine Verbindung zwis­chen den bei­den völ­lig unter­schiedlichen Fällen. Und wir Leser ahnen auch recht schnell, dass die Verbindung sog­ar noch ganz andere Dimen­sio­nen hat, als Elin sich vorstellen kann. Im Grunde geht es näm­lich um Machen­schaften der Berlin­er Poli­tik­er und Banker, um Kor­rup­tion, Macht und viel, viel Geld.
Auch wenn der geübte Kri­mi-Leser ver­mut­lich recht früh ahnt, wer hin­ter den Ver­brechen mit den Tor­si ste­ht (jeden­falls ging es mir so), bleibt die Hand­lung bis zum Ende sehr span­nend. Zum einen resul­tiert dies aus der Geschichte der jun­gen Elin, zum anderen aber auch aus der Pri­vat­geschichte des Mar­tin Zol­langer, die viel mit dem Sys­tem der Ex-DDR zu tun hat. Der ganze Kri­mi ist eigentlich eine span­nend ver­pack­te Gesellschaft­skri­tik, die mal wieder zum Nach­denken über unser poli­tis­ches Sys­tem und die Macht des Geldes anregt — hof­fentlich nicht nur diejeni­gen, die dies ohne­hin schon tun und sich durch diese Sto­ry bestätigt fühlen, son­dern vielle­icht auch solche Krim­i­leser, die sich noch nie viel Gedanken über diese The­men gemacht haben. Mein­er Mei­n­ung nach ist Wol­fram Fleis­chhauer mit seinem ersten Kri­mi ein großer Wurf gelun­gen, der für alle Stieg Lars­son Fans wie geschaf­fen ist.

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