Die Hauptstadt von Robert Menasse

Ein Schwein irrt durch Brüs­sel. Unzäh­lige Foto­s­des Tieres kur­sieren zeit­gle­ich im Netz. Die unter­schiedlich­sten Ansicht­en über seine Herkun­ft, wider­sprüch­liche Kom­mentare zu erforder­lichen Maß­nah­men und dem richti­gen und Kartierun­gen seines Weges durch das Stadt­ge­bi­et füllen die Medi­en. Ein gewöhn­lich­es Hauss­chwein bringt im Nu eine ganze Law­ine an Aktion­is­mus ins Rollen.Robert Menasse lässt in seinem Roman mehrere Hand­lungsstränge lock­er nebeneinan­der her­laufen und sich wie zufäl­lig berühren. Lebens-Per­spek­tiv­en von EU-Beamten, Wis­senschaftlern, Krim­inellen, Polizis­ten und Alten wer­den gezeigt. Menasse skizziert dadurch ganz unter­schiedliche Biogra­phien aus ver­schiede­nen Kulturkreisen.So ver­ab­schiedet sich ein alter Mann von sein­er Woh­nung, um in ein Alter­sheim direkt am Fried­hof umzuziehen.Er lässt seinen All­t­ag zurück, doch seine Ver­gan­gen­heit fol­gt ihm auf Schritt und Tritt. Mitzunehmender Demenz rückt sie sog­ar immer stärk­er in den Vorder­grund. Seine Geschichte zeigt sich als untrennbar ver­bun­den mit den Idealen,welche die Europäis­che Union einst begrün­de­ten. Eben dieses Grün­dungsver­sprechen wollen einige Mitar­beit­er des Kul­tur­dez­er­nats in den Mit­telpunkt ein­er Jubiläums­feier stellen, um das Anse­hen der Europäis­chen Kom­mis­sion aufzuw­erten. Doch nicht nur der EU-Bürokratie-Dschun­gel hat die Europäis­che Union immer weit­er von ihren Grün­dungszie­len entfernt.»Die Haupt­stadt« hat nicht umson­st in diesem Jahr den Deutschen Buch­preis bekommen.Der Roman bietet eine anspruchsvolle, sprach­lich beein­druck­ende Lek­türe, ist dabei hoch aktuell und hat mich wirk­lich gefes­selt.

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