»Kochen mit Fernet Branca« von James Hamilton-Paterson ist ein echter Geheimtipp geblieben, obwohl es bereits im letzten Spätsommer erschien. Hinter diesem ausgesprochen abschreckenden Titel und einem eher hässlichen Buchumschlag versteckt sich einer der lustigsten Romane, die ich je gelesen habe.
Hoch oben an einem sehr einsamen Berghang in der Toskana haben sich zwei Ruhe suchende Ausländer in alten Bauernhäusern niedergelassen, überwältigt von der grandiosen Aussicht und von einem findigen Makler versichert, der jeweilige Nachbar sei höchstens einen Monat im Jahr anwesend und eine mäuschenstille Person.
Der eine ist Gerald Samper, ein englischer »Schriftsteller« der sein Geld als Ghostwriter für Sport- und Popsternchen verdient und seine Erfüllung im Kochen ausgefallener Speisen findet. Bei der Zubereitung solcher Köstlichkeiten wie »Muscheln in Schokolade«, »Knoblaucheis« oder »Fischkuchen« muss er vor Begeisterung laut Opernarien schmettern, wodurch er seine Nachbarin auf sich aufmerksam macht.
Mitten in die Renovierungsarbeiten, die er als begabter Heimwerker natürlich selbst und sehr gründlich auszuführen gedenkt, platzt Marta – mit einer Flasche Fernet Branca bewaffnet – zu einem äußerst störenden nachbarschaftlichen Höflichkeitsbesuch.
Marta ist eine in ihrer Heimat Woinowien (einem offenbar erfundenen Ostblockstaat, den Samper »irgendwo in dieser nebulösen Zone zwischen den Pripjet Sümpfen und dem Kaukasus » ansiedelt) berühmte Komponistin, die von einem sehr bekannten Filmregisseur nach Italien geholt wurde, um die Musik zu seinem neusten Werk zu schreiben. Sie fühlt sich in ihrer Arbeit durch den lauten Gesang ihres Nachbarn gestört, lässt sich dies aber natürlich nicht anmerken, sondern lädt ihn für den nächsten Abend zum Essen ein, um ihn mit den Spezialitäten der woidischen Küche bekannt zu machen.
Die beiden entwickeln eine innige Hassliebe, beobachten einander mit der Distanz der fremden Kultur und bewirten sich gegenseitig mit den eigenartigsten Gerichten und reichlich Fernet Branca.
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