Morddeutung von Jed Rubenfeld

Buchtipp Cover MordeutungGanz außergewöhnlich finde ich in diesem Frühjahr auch das Buch »Morddeutung«. Der Titel sagt in diesem Fall wirklich schon viel, wenn man noch einen Fakt hinzunimmt: Sigmund Freund ist eine der Hauptpersonen. Es geht also um Mord und um dessen psychologische Deutung – dies allerdings zu Lebzeiten von Sigmund Freud, wo Spurensicherung noch das Sichern von Fußabdrücken bedeutete und die Welt noch nichts von Profilern gehört hatte.
Im Jahr 1909 reist Sigmund Freud in Begleitung von C.G. Jung und einem anderen »Freudianer« nach New York, da er von einer Universität zu einer Vorlesungsreihe eingeladen wurde. Gleichzeitig wird in der Stadt ein grausamer, offensichtlich sexuell motivierter, Mord an einer jungen Frau verübt, und kurz danach noch einmal ein ganz ähnliches Verbrechen begangen, bei dem das Opfer allerdings überlebt. Doch durch den Schock hat die junge Frau offensichtlich die Erinnerung an die Tat und auch ihre Sprache verloren. Zufällig erfährt der junge Arzt und Freud-Verehrer Dr. Stratham Younger auf einem Ball von dem Fall und bietet an, Dr. Freud um Hilfe zu bitten. Dieser jedoch betraut Younger selbst mit der Aufgabe, die junge Frau zu therapieren – mit Freuds Unterstützung als Mentor im Hintergrund. Voller Elan macht Younger sich also an die Aufgabe, der jungen Miss Acton zu helfen und ihre Erinnerung an den Vorfall wieder zum Leben zu erwecken. Doch dies ist nicht die einzige Spur, die verfolgt wird, denn ein junger Detective namens Jimmy Littlemore hat ebenfalls einige Hinweise gefunden, denen er trotz des offensichtlichen Desinteresses seines Vorgesetzten folgt. Und so werden im Laufe der Geschichte einige ungeheuerliche Dinge enthüllt…
Durch den Kriminalfall ist dieser Roman trotz seines Umfangs von Anfang bis Ende spannend. In Nebenhandlungen erfährt der Leser viel vom damaligen Umgang mit der Psychoanalyse sowie den Vertretern dieser Theorie und vom Leben in New York zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Besonders beeindruckt hat mich das Nachwort des Autors, in dem er detailliert beschreibt, dass fast alle von ihm geschilderten Begebenheiten den Tatsachen entsprechen – bis auf den Kriminalfall und die dazugehörigen Hauptpersonen. Doch angefangen bei den Lebensverhältnissen zur damaligen Zeit über den Bau der ersten mächtigen Wolkenkratzer und der Manhattan Bridge bis hin zu Konversationen über die Psychoanalyse oder Streitigkeiten zwischen Freud und Jung hat der Autor akribisch recherchiert und alles so wahrheitsgetreu wie möglich wiedergegeben, wenn auch zum Teil zeitlich versetzt (so stammen bestimmte Dialoge zum Beispiel aus einem Briefwechsel, der erst ein paar Jahre später stattfand). Anlass für diesen Roman war für den Autor die Tatsache, dass die an sich sehr erfolgreiche Vortragsreise Sigmund Freuds in die USA von ihm selbst später immer wieder sehr negativ dargestellt wurde, so als hätte er dort ein Trauma erlitten.

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