Der Roman basiert auf den wenigen bekannten Fakten über die Arktisexpedition, zu der Sir John Franklin im Mai 1845 mit 134 Mann Besatzung auf den beiden hochmodern ausgerüsteten Schiffen Erebus und Terror aufbrach, um die Nord-West-Passage zu entdecken. Nach der letzten Begegnung mit Walfängern Ende Juli 1845 in der Baffin Bucht, wurde kein einziger Expeditionsteilnehmer mehr lebend von Europäern gesehen. Suchtrupps fanden in den folgenden Jahren nur spärliche Zeugnisse, die zudem weit verstreut und teilweise schwer zu deuten waren.
Dan Simmons erzählt unglaublich gut und sehr spannend eine einleuchtende Geschichte dieser Expedition. Er verleiht den Seeleuten nicht nur Gesichter sondern auch sehr ausgeprägte Charaktere, die zum Teil beeindruckende Entwicklungen durchmachen. Aus verschiedenen Perspektiven und anhand eines erfundenen Tagebuchs, lässt er den Leser an Spannungen zwischen den Besatzungsmitgliedern genauso teilhaben wie an dem fortwährenden Kampf um das nackte Überleben unter unerträglichen klimatischen Bedingungen. Die monatelange Dunkelheit, Kälte, Nahrungsmangel und Krankheiten setzen den Seeleuten zu.
Zwei Jahre lang sind ihre Schiffe an der selben Stelle im Packeis eingefroren, das sie langsam aber sicher zerdrückt. Schließlich sehen die Kapitäne keinen anderen Ausweg mehr, als die Schiffe aufzugeben und zu Fuß einen Weg zurück in die Zivilisation zu suchen.
Zusätzlich zu allem Ungemach versetzt ein eisbärenähnliches, übernatürliches Wesen die Expeditionsteilnehmer in Angst und Schrecken. Ausgestattet mit hoher Intelligenz, Unverwundbarkeit, enormer Körperkraft und Geschicklichkeit scheint es manchmal aus dem Nichts aufzutauchen und wieder spurlos zu verschwinden, um die Schiffsbesatzung zu verfolgen, zu töten oder mit seinen grausamen „Späßen“ zum Narren zu halten. Die Männer zweifeln zunächst an ihrem Verstand, erkennen das Wesen aus dem Eis aber schließlich als reale Bedrohung an, gegen die sie nichts ausrichten können. Eine junge Eskimofrau, die sich an Bord der Terror aufhält, nachdem ihr Vater versehentlich von den Männern getötet wurde, ist als einzige all diesen Herausforderungen gewachsen. Sie friert nie, findet immer genügend Nahrung und kann sich offenbar auch mit dem Wesen aus dem Eis irgendwie verständigen. Die Matrosen halten sie deshalb für eine Hexe und würden sie am liebsten umbringen. Nur der Kapitän erkennt, dass diese Frau ihnen helfen könnte, in der Arktis zu überleben. Allerdings kann ihr niemand ein Wort der Erklärung entlocken, denn Lady Silence, wie sie von allen genannt wird, war bereits lange vor ihrem Zusammentreffen mit den Weißen die Zunge herausgerissen worden.
Die Verknüpfung des realen historischen Romans mit Horror- und Fantasy-Elementen gelingt Dan Simmons hervorragend, und über die eingehende Beschreibung von Lebensweise und Mythologie der Inuit findet er zu einem überzeugenden und dennoch überraschenden Schluss für sein Werk. Terror ist ein wirklich meisterhaft erzähltes, hoch spannendes Abenteuer!
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