Der lange Weg von Joseph Boyden

Buchtipp Cover Die alte Indianerin Niska, die wegen ihrer traditionellen Lebensweise verspottet, aber als Schamanin von ihren Volksgenossen trotzdem respektiert wird, macht sich im Frühsommer 1919 mit ihrem Kanu auf den Weg von der Hudson Bay in die große Stadt.
Drei Jahre zuvor hatte sie zusehen müssen, wie ihr einziger Neffe Xavier und sein bester Freund Elijah, die ihr wie eigene Söhne ans Herz gewachsen waren, die schützende Wildnis verlassen hatten, um als Freiwillige in den Ersten Weltkrieg zu ziehen. Xavier sei im November 1918 gefallen, teilte man ihr in einem kurzen Brief mit, während Elijah nach dem Verlust eines Beines wieder in der Lage sei, nach Kanada zurückzukehren. Niska ist entschlossen ihn nach Hause zu holen. Nach langem Warten in dieser fremden Welt, die sie so verabscheut, findet sie unerwartet doch ihren totgesagten Neffen Xavier, scheinbar um Jahrzehnte gealtert und vom Krieg schwer gezeichnet.
Auf dem langen Weg durch die fast unberührte Natur versucht Niska ihrem Neffen zu helfen, der von seinen grauenhaften Kriegserinnerungen geplagt, morphiumsüchtig und extrem geschwächt zum Sterben verurteilt scheint. Sie erzählt aus der Geschichte ihres Stammes, von ihrem eigenen Weg abseits der Zivilisation, von der Zeit, als sie ihn aus dem Internat geholt und ihn das Überleben in der Wildnis gelehrt hat.
So langsam wie das Boot auf dem Fluss nach Norden treibt, beginnt Xavier sich auch innerlich von den Schrecken des Krieges zu entfernen. Mit dem medizinischen Wissen der Schamanin, der grenzenlosen Liebe zu ihrem Jungen und der unendlichen Geduld der Indianerin könnte es Niska gelingen, Xavier an Körper und Seele zu heilen und ihm ein neues Leben nach alter Tradition zu ermöglichen.
Durch die Gegenüberstellung mit der naturverbundenen, indianischen Lebensweise unterstreicht Joseph Boyden sehr eindrücklich, wie unmenschlich und schrecklich die Ereignisse des hoch technisierten Krieges im zivilisierten Europa gewesen sind. Dabei sind die Kriegsberichte aus der Sicht des jungen, anfangs relativ unbeschwert naiven Scharfschützen Xavier und seines übermütigen Freundes Elijah spannend und unverkrampft erzählt. Jeder Augenblick des Lebens unter den Weißen steckt für die jungen Männer voller neuer, manchmal unverständlicher Eindrücke, so dass Boyden uns einen ungewohnten Blick auf die westliche Zivilisation im Allgemeinen ermöglicht und interessante Einsichten in die indianische Denkweise verschafft.
»Der lange Weg« ist ein sehr beeindruckender Roman, der seine Leser noch ein ganzes Stück weit begleitet.
Eine ausführliche Leseprobe finden alle neugierig Gewordenen im Katalog auf unserer Internetseite. Einige wenige indianische Wörter, die darin auftauchen, erschließen sich leicht bei der Lektüre, sind aber auch im Anhang des Buches übersetzt.

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Ein Kommentar zu Der lange Weg von Joseph Boyden

  1. Rike 27. April 2008 at 18:54 #

    Habe den Roman gerade gelesen. Wunderbar still und nachdenklich. Voller Poesie.

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