Bilder eines Sommers von Emily Mitchell

Die eigentliche Handlung dieses Romans spielt im Sommer 1918 in Frankreich, wo der amerikanische Fotograf Edward Steichen im Kriegseinsatz Luftaufnahmen der Frontlinien machen muss. So bald wie möglich lässt er sich ins Marne Département versetzen, wo er vor dem Krieg einige Jahre mit seiner Familie gewohnt hat. Bei der überstürzten Flucht vor den näher rückenden deutschen Frontlinien hatte er damals unter anderem alle seine wertvollen Fotos zurücklassen müssen.
Rückblenden durch das Leben Edward Steichens unterbrechen die Handlung. Sie sind jeweils mit dem Titel eines seiner Bilder versehen und beschreiben dieses auch sehr ausführlich. Dabei vermittelt Emily Mitchell gekonnt einen Eindruck von der Kunst des Fotografen, der hinter der Schönheit der Aufnahme seine Perspektive auf das Leben durchscheinen lässt. Mit jedem Bild verbindet sie eindrucksvolle Erzählungen rund um die Entstehung des betreffenden Fotos, die eben jene Sicht Steichens auf sein Motiv und seine Lebenseinstellung widerspiegeln. Gleichzeitig fügen sie sich zu einer faszinierenden Geschichte zusammen. Auf die Darstellung seiner ersten Kontakte mit der Fotografie folgt die Schilderung des Zusammentreffens mit der Pianistin Clara Smith. Szenen ihrer Ehe, das zunächst scheinbar glückliche Familienleben in Voulangis und der unvermeidliche Weg bis zum vorprogrammierten, totalen Scheitern ihrer Beziehung bilden den einen Strang dieser Erzählung.
Als Kontrast dazu, aber auch als Begründung für den Niedergang im privaten Bereich, beschreibt die Autorin Steichens glänzenden beruflichen Aufstieg, die bedingungslose Leidenschaft für seine Arbeit und die intensiven gesellschaftlichen Kontakte zu vielen bedeutenden Künstlern, denen der Kriegsausbruch ein jähes Ende setzt.
Durch den Einsatz beim Militär versucht Edward seinen familiären Problemen zu entkommen. Er ist bemüht in dem Kriegschaos seine Erinnerungen irgendwie zu ordnen und den Zerfall seiner Familie zu verstehen.
Die Ereignisse und Bilder des letzten Sommers vor dem Krieg, jenes letzten glücklichen Sommers in Voulangis, der schließlich von seiner angeblichen Affäre mit der Malerin und guten Freundin der Familie, Marion Beckett, überschattet wurde, rücken wieder ganz deutlich in sein Bewusstsein und stellen sich den aktuellen, grausamen Geschehnissen des Krieges gegenüber.
Eines Tages trifft er zufällig mitten in den immer schrecklicher werdenden Kämpfen in einem Lazarett mit Marion Beckett zusammen. Eine Begegnung, die eigentlich nicht hätte stattfinden dürfen…
Dieser Roman ist fantastisch erzählt, bietet durch die vielfältigen Themen reichlich Abwechslung ohne zu verwirren und verführt seine Leser, sich weiter mit der Kunst Edward Steichens zu beschäftigen.
Für mich war es ein wunderbares Leseerlebnis und eine willkommene Anregung zu neuen Entdeckungen.

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