Sterneneis von Kristín Marja Baldursdóttir

„Ich trete hin­aus, schaue zum Him­mel hoch, wo der Mond und die Sterne angeknipst wor­den sind. Ihr Schein erhellt den Wei­her und das niedrig gewach­sene Birken­wäld­chen. Das Land ver­strömt eine ver­lock­ende Mys­tik. Ich ver­spüre über­all ein Prick­eln, habe das Gefühl mich in ein­er alten Volkssage zu befind­en, etwas ist im Begriff seinen Lauf zu nehmen.“ (S.151)
Nach­dem in ihre Stadt­woh­nung einge­brochen wurde, ist Gun­nur, eine Psy­chi­a­terin in den Fün­fzigern, entschlossen, das Woch­enende in ihrem kleinen Häuschen auf dem Land zu ver­brin­gen. Sie sehnt sich nach der Ruhe der abgeschiede­nen, reinen Win­ter­welt. Noch ehe sie auf­brechen kann, taucht jedoch unverse­hens eine flüchtige Bekan­nte auf. Diese stellt Gun­nur ihre 15 jährige Tochter mit eini­gen Film-DVDs im Gepäck hin, sagt, sie selb­st müsse drin­gend geschäftlich ins Aus­land, habe aber nie­man­den, der sich um das Kind küm­mern könne und ver­schwindet. Eine unglaubliche Dreistigkeit, an der aber eben­so wenig zu ändern ist, wie an den unmit­tel­baren Fol­gen des Ein­bruchs: sämtliche elek­tro­n­is­chen Geräte und alle Kred­itkarten sind ver­schwun­den.
Gun­nur ste­ht vor der Her­aus­forderung, mit einem ihr gän­zlich unbekan­nten, Inter­net-abhängi­gen Mäd­chen drei Tage in völ­liger Abgeschieden­heit zu ver­brin­gen. Das Kind ist allerd­ings nicht weniger entset­zt über seine Lage. Die Stim­mung wech­selt zwis­chen Schweigsamkeit und heftigem Krach, bis Gun­nur mit sehr phan­tasievoll erzählten Geschicht­en aus ihrer eige­nen, so ganz anderen Kind­heit Zugang zu dem Mäd­chen find­et. Zusam­men streifen sie durch die Ver­gan­gen­heit, als wür­den sie tat­säch­lich Gun­nurs Fam­i­lie besuchen, die Mut­ter bei der Arbeit in ihrem Laden beobacht­en oder auf den abgele­ge­nen Bauern­höfen mitar­beit­en, wo Gun­nur ihre Som­mer ver­brin­gen musste. Aber auch in der Real­ität sind sie zwis­chen den wiederkehren­den Stre­it­ereien gemein­sam unter­wegs, genießen die Natur, gehen schwim­men und schließlich in ein­er mys­tis­chen Mond­nacht Schlittschuh­laufen.

»Sterneneis« ist ein sehr ruhiges, poet­is­ches Buch, das beim Lesen ein­fach nur tiefe Freude entste­hen lässt. Es tut richtig gut, wie sich die bei­den „Ver­ban­nten“ trotz aller Schwierigkeit­en ver­ste­hen ler­nen und den Grund­stein für eine beson­dere Fre­und­schaft leg­en. IR

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