Wintergäste von Sybil Volks

Vol­lkom­men uner­wartet legt Inge Boy­sen sich kurz nach Wei­h­nacht­en zu einem Nick­erchen ins Bett und wacht nicht wieder auf. Ihre panis­che Schwiegertochter Ker­rin, die sie find­et, alarmiert sofort ihren Mann, den sie bei der Arbeit wäh­nt, sowie dessen drei Geschwis­ter samt Fam­i­lien und ihre eige­nen großen Kinder, die im Aus­land studieren bzw. ler­nen. Voller Schreck macht sich die ganze Fam­i­lie sofort auf den Weg zum “Haus Tide” auf der Nord­seein­sel. Doch der Alarm erweist sich als Fehlalarm — Inge hat­te wohl einen Schla­gan­fall, war jedoch nicht tot. Dies ist an sich ja ein Grund zur Freude und Erle­ichterung — die Fam­i­lien­mit­glieder lieben ihre (Schwieger-)mutter und Oma. Doch waren nicht ohne Grund ger­ade in diesem Jahr die Fam­i­lien­mit­glieder alle an ihren Wohnorten geblieben zu Wei­h­nacht­en und nicht ins “Haus Tide” zurück­gekehrt — jed­er von ihnen ste­ht ger­ade an einem Wen­depunkt in seinem Leben und wollte eigentlich in Ruhe und ohne großen Trubel darüber nach­denken wie es weit­erge­hen soll. Da ist die in sich gekehrte Berit zum Beispiel, die auf ein­mal ihrem Beruf als Reden­schreiberin nicht mehr nachge­hen kann, weil sie bei jedem heuch­lerischen Wort im wahrsten Sinne des Worte aller­gisch reagiert. Und dann ist da noch die ver­fahrene Fam­i­lien­si­tu­ta­tion von Gesa und Jochen. Obwohl eigentlich glück­lich ver­heiratet und mit zwei süßen Kindern geseg­net, hat Gesa sich vor einem Jahr in eine heftige Affäre mit einem jün­geren Mann gestürzt, von dem sie nicht lassen kann und will. Nun ist sie hochschwanger mit dessen Kind, wohnt aber noch mit ihrer “alten” Fam­i­lie zusam­men. Eigentlich wollte sie sich über die Feiertage nun endlich entschei­den, wie es weit­erge­hen soll in ihrem Leben.
Aus diesen und anderen Grün­den wollen alle Haus­gäste nach dem Fehlalarm bald­möglichst wieder abreisen. Doch genau wie Inges Knochen und die Zugvögel, die Win­tergäste, es voraus­ge­sagt haben,  schlägt das Wet­ter plöt­zlich um. Eine Kalt­front mit heftigem Sturm zieht auf, und die Insel ist inner­halb kürzester Zeit vom Fes­t­land abgeschnit­ten. So sind die Haus­gäste auf ein­mal auf einan­der angewiesen und müssen endlich miteinan­der kom­mu­nizieren statt jed­er für sich eine Lösung für sein Prob­lem zu suchen. Geheimnisse kom­men ans Tages­licht, längst über­fäl­lige Entschei­dun­gen wer­den gefällt, Gefüh­le kom­men und gehen. 
Dies ist ein wun­der­volles Buch voller Gefüh­le und Sit­u­a­tio­nen, wie sie wohl in vie­len Fam­i­lien mal vorkom­men. Trotz der ganzen Prob­leme und teils tragis­chen Fam­i­lienge­heimnisse, erzählt Sybil Volks die Geschichte der Fam­i­lie Boy­sen in leichtem, amüsierten Ton. Ich kon­nte das Buch kaum aus der Hand leg­en, habe mit jedem einzel­nen Fam­i­lien­mit­glied bis zum Ende mit­ge­fiebert wie nun seine per­sön­liche Geschichte wohl weit­erge­ht, denn so ver­schieden sie alle auch sind, so liebenswert sind doch alle von ihnen. Genau wie Inge Boy­sen ihre vier unter­schiedlichen Kinder und deren Fam­i­lien liebt, liebt auch die Autorin alle ihre Fig­uren und schildert sie so ein­fühlsam, dass man auch die ver­fahren­sten Sit­u­a­tio­nen nachvol­lziehen kann und nicht verurteilt. Wer die Büch­er “Altes Land” von Dörte Hansen oder “Das Lügen­haus” von Anne B. Ragde mochte, wird diese Geschichte auch lieben! — Julia

 

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