Der Herzfaden von Thomas Hettche hat auch mich berührt, um es gleich vorweg zu nehmen. Es handelt sich hier um eine der wundervollsten Geschichten, die ich in den vergangenen Jahren lesen durfte. Die Augsburger Puppenkiste gehörte zu den Höhepunkten meiner bundesrepublikanischen Kindheit mit 3 Fernsehprogrammen, die Nachmittags um 16 Uhr begannen. Hach, waren das noch Zeiten. Lukas der Lokomotivführer, Jim Knopf, Kallewirsch und das Urmel gehörten zu den Helden meiner Jugend.
Nun aber zur Geschichte: Ein kleines Mädchen verirrt sich nach der Vorstellung auf dem Dachboden eines Theaters. Sie geht eine Wendeltreppe nach oben, und es scheint von Schritt zu Schritt dunkler zu werden, bis Sie oben angekommen von der Prinzessin Li Si, die inmitten eines Mondlichtteppichs zu stehen scheint, der von der einzigen Luke des Dachs auf dessen Boden projeziert wird, begrüßte wird. Eine ältere Dame mit Zigarette tritt zur Prinzessin und begrüßt das Mädchen ebenfalls. Sie beginnt von ihrem Leben und dem Theater, von ihrer Jugend und Familie zu erzählen. Gemeinsam mit ihrer Schwester und den Eltern hätten Sie in den Wirren des zweiten Weltkriegs ein Marionetten Theater gegründet. Die Eltern hatten Theater Erfahrung, und es sei ein großer Erfolg gewesen. Doch leider musste der Vater an die Front…
Sie erzählt die Geschichte der Familie Oemichen, die nach dem zweiten Weltkrieg alles auf eine Karte setzte, und sich mangels Alternativen mit einem Puppentheater selbstständig machte. Das kleine Mädchen auf dem Dachboden hört zu, und macht mit der Prizessin Li Si und vielen weiteren Marionetten Bekanntschaft, die alle vor dem Kasperle Angst zu haben scheinen. Warum nur? Aber das ist eine andere Geschichte, und um diese zu erfahren, sollten Sie ins Buch schauen.
Wir erfahren eine wundervolle Geschichte der Familie Oemichen, während des zweiten Weltkriegs und in der jungen Bundesrepublik. Wir lernen Hamburg und die Fernsehstudios kennen, als man nördlich von Göttingen – aus Bayern kommend – bis Hamburg noch Landstraße fuhr (der Abschnitt Hamburg – Göttingen wurde erst zwischen 1953 und 1962 fertiggestellt). Hätten Sie gewusst, dass die Augsburger Puppenkiste zu den aller ersten Fernsehprogrammen überhaupt gehörte? Nun ich nicht. Wir erfahren die Geschichte der Augsburger Puppenkiste und den Menschen dahinter von den Anfängen im zweiten Weltkrieg bis vor wenigen Jahren. Und wir erfahren, was aus dem kleinen Mädchen auf dem Dachboden, der Prinzessin Li Si, und „Hatü“, der älteren Dame wird.
Selbst beim schreiben dieser kleinen Rezension habe ich noch eine Gänsehaut. Mehr kann ich über dieses großartige Buch kaum sagen.
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