Blumen der Finsternis von Aahron Appelfeld

Der elfjährige Hugo Mans­feld schwebt als Jude im Ghet­to ein­er unge­nan­nten osteu­ropäis­chen Stadt in höch­ster Gefahr. Sein Vater wurde bere­its deportiert und seine Mut­ter ver­sucht verzweifelt, ihn bei einem Bauern in den Bergen unterzubrin­gen, um ihn vor dem Zugriff der Nazis zu ret­ten. Als ihr dies abso­lut nicht gelin­gen will, führt sie ihren Sohn eines Nachts durch die Kanal­i­sa­tion aus der Stadt hin­aus und bringt ihn zu ein­er ukrainis­chen Fre­undin aus Kinderta­gen. Bei Mar­i­ana scheint ihr der Junge sich­er zu sein und sie ver­traut ihr voll und ganz. Die Mut­ter selb­st will sich an einem anderen Ort ver­steck­en.
So bleibt der naive, schüchterne aber sehr wohler­zo­gene Hugo allein bei dieser völ­lig frem­den Frau zurück, die ihn in ihrer kleinen, zugi­gen Abstel­lka­m­mer zwis­chen Klei­dern und Kor­sagen auf stink­enden Schaf­fellen schlafen lässt. Aber diese Kam­mer ist nur ein Teil sein­er neuen Welt, die er ver­sucht durch aufmerk­sames Beobacht­en und Zuhören zu ver­ste­hen. Tagsüber darf er oft in Mar­i­anas far­ben­fro­hem, plüschi­gen Zim­mer auf dem großen weichen Bett liegen und sich an den leck­er­sten belegten Broten sat­tessen, die ihm in dieser Zeit des Hungers wie ein Geschenk des Him­mels vorkom­men. Mar­i­ana ver­sorgt ihn mit Milch und Suppe, beschafft ihm Klei­dung und über­schüt­tet ihn mit ihrer Liebe. – Oder sie ver­gisst ihn stun­den­lang in seinem Ver­schlag, lässt ihn hungern und frieren, wofür sie sich dann plöt­zlich wieder reumütig entschuldigt. Hugo ist ihren schwank­enden Stim­mungen wehr­los aus­ge­set­zt und braucht eine ganze Weile, um sie ver­ste­hen und ein­schätzen zu ler­nen. Nachts hört der Junge die Stim­men, das Stöh­nen und oft auch die Schläge ver­schieden­er Män­ner aus Mar­i­anas Zim­mer drin­gen. Häu­fig sind es deutsche Sol­dat­en, die von der Juden­jagd, von Erschießun­gen und Depor­ta­tio­nen reden, während Hugo direkt neben ihnen hin­ter der dün­nen Bret­ter­wand zit­tert.
Er ist in einem Bor­dell untergekom­men, kann jedoch in sein­er Naiv­ität unmöglich begreifen, was da um ihn herum vorge­ht. Stattdessen flüchtet er sich in seine Träume, ver­sucht sich so deut­lich wie nur möglich an sein früheres Leben zu erin­nern und so den Kon­takt zu sein­er Fam­i­lie aufrechtzuhal­ten. Aber allmäh­lich verblassen diese Erin­nerun­gen, während die Beziehung zu Mar­i­ana immer inniger wird. Für sie ist Hugo das einzige männliche Wesen, dem sie wirk­lich ver­traut und das sie liebt. Ganz allmäh­lich wird der Junge, den sie zum Aufwär­men mit in ihr Bett kom­men lässt, wenn keine Kun­den da sind, in ihren Armen Erwach­sen.
Als der Krieg seine Wende nimmt und die Russen endlich die Deutschen zurück­drän­gen, muss das Bor­dell schließen, Hugo und Mar­i­ana flücht­en sich in die Wälder und träu­men von ein­er gemein­samen Zukun­ft. Doch sie wer­den bald ent­deckt…

Dieser sehr ruhige, im Grunde eher Hand­lungsarme, aber sehr bewe­gende Roman erzählt in ein­fach­er Sprache und den­noch auf ein­dringliche Weise wie zwei völ­lig ver­schiedene, von der Welt ver­achtete und gejagte Men­schen zusam­men­find­en und sich gegen­seit­ig helfen ihre Würde zu bewahren.

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