Madame Hemingway von Paula McLain

1920 begeg­net Hadley Richard­son dem sechs Jahre jün­geren Ernest Hem­ing­way im Urlaub in Chica­go auf ein­er Par­ty zum ersten Mal. For­t­an ver­brin­gen die bei­den viel Zeit miteinan­der und Hadley fühlt sich immer mehr zu dem gut ausse­hen­den, intel­li­gen­ten und char­man­ten Hem­ing­way hinge­zo­gen. Den­noch ist sie sich der Tat­sache bewusst, dass Ernest von vie­len Frauen ange­him­melt wird und dass sie selb­st mit Ende 20 eigentlich keine beson­ders gute Par­tie ist. Um sich nicht lächer­lich zu machen, ver­birgt sie also ihre Gefüh­le vor ihm. Doch ent­ge­gen auch ihren eige­nen Erwartun­gen begin­nt der junge Mann Hadley nach deren Rück­kehr in ihre Heimat Briefe zu schreiben, und es entste­ht ein inten­siv­er Briefwech­sel zwis­chen den bei­den. Dieser gipfelt darin, dass Hem­ing­way sein­er Hadley per Brief einen Heirat­santrag macht.
Sehr bald schon nach der Hochzeit zieht das junge Paar nach Paris, wo sich eine rege Kün­stler-Szene tum­melt und Hem­ing­way große Chan­cen für seine Zukun­ft als Autor sieht — denn bis dahin hat er noch nichts veröf­fentlicht und arbeit­et als Jour­nal­ist für ver­schiedene Zeitun­gen. Durch ein Empfehlungss­chreiben öff­nen sich ihm und sein­er Frau tat­säch­lich auch bald die Türen viel­er bekan­nter Kün­stler, allen voran Gertrude Steins Salon. Obwohl Ernest und Hadley ständig Geld­sor­gen haben, leben sie sich schnell ein in Paris und ler­nen die Stadt zu lieben — und auch einan­der lieben sie, trotz aller gegen­sät­zlichen Eigen­schaften. Die mit bei­den Beinen auf dem Boden ste­hende, “alt­modis­che” (so beze­ich­net Hadley sich selb­st oft, doch im Paris der 20er Jahre meint es wohl nur, dass sie keine glam­ouröse Diva ist) Hadley unter­stützt den oft schwieri­gen Ernest wo und wie sie nur kann. Das fällt ihr oft nicht leicht, denn es bedeutet auch, dass sie viel alleine ist, wenn er an seinen Tex­ten arbeit­et (dazu braucht er die Abgeschieden­heit) oder wenn er für Reporta­gen unter­wegs ist. Doch auch Hadley find­et allmäh­lich Fre­undin­nen in der Stadt, und lange gemein­same Win­ter­reisen in die Berge trösten sie über manch­es hin­weg. Im Laufe der Jahre wird Hem­ing­way immer erfol­gre­ich­er, und auch sein Wesen verän­dert sich: er wird immer mehr selb­st zu einem der mondä­nen Kün­stler, die er zu Beginn sein­er Paris-Zeit aus­gelacht hat. Auch ver­grault er bewusst alte Fre­unde und Unter­stützer. Den­noch hält Hadley immer zu ihm, selb­st als sie immer häu­figer begin­nt an Ernests Treue zu zweifeln — bis sie eines Tages Gewis­sheit erlangt und damit nicht nur ihren Mann, son­dern auch ihre beste Fre­undin ver­liert.

Von den meis­ten Biographen wurde Ernest Hem­ing­ways erste Ehe­frau, Hadley Richard­son, nur als seine “Paris­er Ehe­frau” oder sog­ar als jugendlich­er Irrtum recht kurz abge­han­delt. Paula McLain dage­gen hält Hadley für eine der prä­gend­sten Per­so­n­en in Hem­ing­ways Leben, durch die er erst zu dem Schrift­steller gewor­den ist, als der er Wel­truhm erlangte. Sie wid­met der nur wenige Jahre währen­den Beziehung der bei­den ein ganzes Buch — allerd­ings kein Sach­buch, son­dern einen Roman, denn sie möchte ins­beson­dere den Charak­ter der Hadley Richard­son näher beleucht­en und plas­tisch darstellen. Dazu kon­nte sich Paula McLain auf eine ganze Rei­he von Quellen stützen, u.a. Ernest Hem­ing­ways Buch “Paris — Ein Fest fürs Leben” und vor allem einen regen Briefwech­sel zwis­chen den bei­den Ehep­art­nern. Das Buch hält sich also eng an die wirk­liche Geschichte, doch Einzel­heit­en und Dialoge sind natür­lich der Fan­tasie der Autorin entsprun­gen.
Dies ist ein fes­sel­nder lit­er­arisch­er Schmök­er über ein Stück Lit­er­aturgeschichte eben­so wie über eine inter­es­sante Frauengestalt, die durch ihre Reife und ihre Liebes- und Lei­dens­fähigkeit tief beein­druckt.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen