Die große Welt von Colum McCann

Im Jahr 1974, noch vor der Einweihung des Gebäudes, schlich sich Philippe Petit auf einen der beiden Türme des gerade erbauten World Trade Centers, spannte ein Seil zum anderen und begann vor den Augen der faszinierten und zugleich entsetzten Zuschauer, auf diesem Seil zu tanzen, zu springen, ja sogar zu rennen. Diese wahre Begebenheit zieht sich als roter Strang durch den neuen opulenten Roman von Colum McCann. Darum herum erzählt der Autor die Geschichten verschiedenster Menschen, deren Schicksale sich irgendwann miteinander verweben und just an dem Tag, an dem der Seiltänzer auf’s Seil geht, eine entscheidende Wendung nehmen oder mit dem Artisten in irgendeiner Weise zu tun haben.

Da gibt es zum Beispiel Corrigan, den Gutmenschen und selbst ernannten Mönch, der den Nutten in der Bronx immer Kaffee bringt und ihnen seine Toilette zur Verfügung stellt. Dann sind da noch Tilda und Jazzlynn, zwei der Nutten, Mutter und Tochter, wobei die Mutter selbst erst Mitte 30 ist. Auch ein junges Künstler-Pärchen, das sich vor ein paar Jahren selbst zu „Aussteigern“ gemacht hat, ist in die Geschichte verwickelt; eine Gruppe Frauen, deren Söhne in Vietnam gefallen sind, und der Mann einer der Frauen – der Richter, der am Ende das Urteil über Philippe Petit sprechen muss.

In einer wunderschönen, bilderreichen Sprache beschwört McCann das New York der 70er Jahre herauf und lässt uns mit den jeweiligen, vollkommen unterschiedlichen Personen leben und leiden, bangen und wieder hoffen. Es ist faszinierend, wie der Autor es schafft, die verschiedenen Geschichten am Ende zu einem großen Ganzen zu verweben. Dies ist ein wunderschönes und vielschichtiges Buch für alle Lesebegeisterten (für Gelegenheitsleser mit über 500 kleingedruckten Seiten und sehr komplexen Einzelgeschichten vielleicht zu umfangreich).

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